Von BlackRock in die Regierung, von der Regierung zu BlackRock und wieder zurück – und so weiter.
Unter Obama hatte es begonnen, unter Trump keineswegs aufgehört. Und Biden ist längst der unscheinbare Lobbyist der größten Finanzoase der Welt. „America First“ mit anderen Mitteln.
Kaum war klar, dass Joe Biden die Präsidentschaftswahl in den USA gewonnen hatte, holte er Brian Deese ins Boot: Der Chef der Abteilung für weltweites nachhaltiges Investieren des US-Investmentgesellschaft BlackRock wird Chefökonom des Präsidenten. BlackRocks Chef Lawrence Fink ist ja der Sprecher des westlichen Weltkapitals für „Nachhaltigkeit“. Und „Nachhaltigkeit“ soll auch das Markenzeichen der neuen Regierung werden.
Dann folgte die zweite Nominierung: Wally Adeyemo. Er war Chefberater von US-Präsident Obama für internationale Wirtschaftsbeziehungen. Er wechselte danach zu BlackRock als Kanzleichef von Fink und ist seit 2014 Präsident der Obama-Stiftung. Jetzt soll er unter Biden stellvertretender Finanzminister werden.
Dann folgte die dritte Nominierung: Michael Pyle. Er war unter Obama im Finanzministerium verantwortlich für Internationale Finanzbeziehungen. Dann wurde er Chef der globalen Investmentstrategie bei BlackRock. Und jetzt wird er Chefökonom für Vizepräsidentin Kamala Harris.
So funktioniert die Drehtür der US-Kapital-Demokratie: Von BlackRock in die Regierung, von der Regierung zu BlackRock und wieder zurück – und so weiter.
Biden: Lobbyist der größten Finanzoase der Erde
Biden war von 1973 bis 2009 Senator für den US-Bundesstaat Delaware. Schon als 29-jähriger Wirtschaftsanwalt hatte er sich um dieses Amt beworben und hielt es 35 Jahre lang.
Dieser Ministaat mit nicht einmal einer Million Einwohnern ist die größte Finanzoase des US-geführten Westens: Die Zahl der Briefkastenfirmen ist mindestens doppelt so hoch wie die Zahl der Wahlberechtigten. So gut wie alle großen Unternehmen und Banken der USA haben hier ihren rechtlichen und Steuersitz – oder von Tochterfirmen.
Die Briefkästen werden hier bei gut verdienenden Treuhändern verwaltet: Das ist die bestimmende Industrie von Delaware. Auch zehntausende Unternehmen und Banken aus aller Welt zwischen der Ukraine, Deutschland, Frankreich, Großbritannien und Mexiko haben hier ihren rechtlichen Sitz.
Das Beteiligungsverzeichnis allein der Deutschen Bank weist mehrere Dutzend Briefkastenfirmen in Wilmington aus, der kleinen Hauptstadt des kleinen „Luxemburg der USA“, wie Delaware oft genannt wird.
Im für die EU so zentralen Ministaat Luxemburg regiert Seine Königliche Hoheit Großherzog Henri aus der Dynastie Luxemburg-Nassau. In Delaware regiert der Biden-Clan mit Senator Biden an der Spitze. Sohn Beau Biden wurde hier, ohne sich besonders anstrengen zu müssen, Generalstaatsanwalt. Sohn Hunter Biden agiert als umtriebiger Finanzspekulant unter anderem in der Ukraine – bei Bedarf setzte sich Vater Biden für ihn auch vor Ort in Kiew ein.
Joe Biden wurde für seine Wahlkämpfe zuletzt von den großen Digitalkonzernen wie Alphabet/Google, Microsoft, Amazon, Apple, Facebook, Netflix, aber auch etwa von JP Morgan Chase, Blackstone und dem Walmart-Clan bespendet. Aber auch Unternehmen in Delaware förderten ihren einflussreichen Senator, darunter die Kreditkarten-Firma MBNA und John Hynansky, der aus der Ukraine stammt und den Export von Premium-SUVS in die Ukraine dominiert.1
Biden stimmte als Senator in Washington bei wichtigen Deregulierungen des Finanzsektors immer mit den Republikanern ab. Mithilfe ihres Senators wurde Delaware zur größten Finanzoase der Welt ausgebaut. Dazu gehört auch eine extrem „liberale“ Unternehmensverfassung (extrem geringe Haftung) und eine dazu gehörige Justiz.
Natürlich: Auch der in Washington mitregierende Weltkonzern BlackRock hat seinen rechtlichen Sitz in Wilmington/Delaware.
BlackRock als Akteur von „America First“
BlackRock ist Großaktionär in etwa 18.000 Unternehmen, Banken und Finanzdienstleistern in den USA, in der EU, in Großbritannien, Asien, Lateinamerika. BlackRock, in drei Jahrzehnten aufgestiegen zum größten Kapitalorganisator des US-geführten Westens, sammelt und investiert vor allem das Kapital der Superreichen.
Ab etwa 50 Millionen US-Dollar, die eine Unternehmerfamilie, ein Topmanager mal frei auf dem Konto haben, kann man Kunde werden. Dieser Investor verspricht höhere Gewinne als sie im normalen kapitalistischen Betrieb zu erwirtschaften sind. BlackRock (hier und im weiteren immer gemeint als wichtigster Vertreter dieses neuen Investorentyps) „erwirtschaftet“ die höheren Gewinne durch eine Kombination mehrerer Praktiken.
*BlackRock unterhält keine Bankschalter und keinen öffentlichen Kundenverkehr. Die Superreichen überweisen direkt. Deshalb hat der Management-Apparat von BlackRock für die acht Billionen US-Dollar an verwaltetem Kapital nur 16.000 Beschäftigte – während die Deutsche Bank für nicht einmal ein Hundertstel an Kapital 87.000 Beschäftigte gewinnmindernd durchfüttern muss.
Ex-US-Außenminister John Kerry mit Brian Deese, damals Senior Adviser des Weißen Hauses, und Jon Finer, Stabschef des Außenministeriums, während eines Telefonats 2015 mit dem französischen Außenminister Laurent Fabius. Bild: Weißes Haus/Pete Souza
*Weiter ist BlackRock der größte Organisator von Briefkastenfirmen. Das Kapital der Superreichen wird, für jeden einzelnen in einer besonderen Briefkastenfirma in einer jeweils passenden Finanzoase zwischen Delaware, den Cayman Islands und Luxemburg angelegt. Gleichzeitig werden diese Kapitalgeber anonymisiert, vor Öffentlichkeit, Finanzämtern und Finanzaufsicht namenlos und unsichtbar gemacht.
So sind die etwa fünf Prozent der Aktien des Braunkohlekonzerns RWE auf 154 Briefkastenfirmen in einem Dutzend Finanzoasen verteilt, unter Namen wie BlackRock Holdco 4 LLC, BlackRock Holdco 6 LLC u.ä. BlackRock begeht damit natürlich nicht selbst Steuerflucht, bietet aber die Möglichkeit dazu; rechtlich gesehen: Beihilfe.2
*Weiter unterhält BlackRock mit ALADDIN die größte roboterisierte Anlage für die Erfassung und Verwertung von Finanz- und Wirtschaftsdaten. Im Nano-Sekunden-Bereich werden die Werte und Wertentwicklungen aller Aktien und anderer Wertpapiere an allen Börsen der Welt erfasst und spekulativ für Käufe und Verkäufe eingesetzt.
BlackRock als Miteigentümer von 18.000 Unternehmen – in Deutschland z.B. auch von Wirecard –, darunter auch aller Digitalkonzerne wie Amazon, Google, Apple, Microsoft und Facebook, und auch Miteigentümer der zwei größten Ratingagenturen Standard&Poor’s und Moody’s: BlackRock kann als größter Insider am schnellsten auf entscheidende Daten zugreifen – vor anderen Mit-Spekulanten.
Weiter achtet BlackRock als Geschäftsführer der westlichen Superreichen nicht auf das Wohlergehen von nationalen Volkswirtschaften. Die Verarmung der Staaten, auch der USA und Deutschland, durch organisierte Steuerflucht geht weiter. Auch die EU bleibt dagegen machtlos bzw. erweist sich als Komplize.
Zudem werden die Unternehmen, in denen BlackRock sich als Miteigentümer einkauft – etwa in Deutschland alle DAX-Konzerne – gewinnbringend „restrukturiert“, abgeschrumpft, teilverkauft (wie gegenwärtig bei ThyssenKrupp), fusioniert (wie bei Bayer-Monsanto), mit Abbau von Arbeitsplätzen, Auslagerungen u.ä. Als Großaktionär etwa von Amazon hat der Nachhaltigkeits-Prediger Fink noch nie etwas gegen den Gewerkschaftshasser und Niedriglohn-Organisator Jeff Bezos geäußert.
Oft wird nicht nur von BlackRock-Lobbyisten wie Friedrich Merz, sondern auch von Linken behauptet: Die fünf Prozent Aktien von BlackRock wie bei RWE – damit können doch keine Entscheidungen durchgedrückt werden! Doch doch, denn mit BlackRock ist in der Regel immer, in wechselnder Zusammensetzung, ein Dutzend ähnlicher Kapitalorganisatoren gleichzeitig ebenfalls Aktionär, also etwa Vanguard, State Street, Amundi, Norges, Wellington, Fidelity, Capital Group – man spricht sich ab.
Die US-Regierung unter Biden zeigt sich damit als die Regierung der traditionellen wie der neuen Superreichen. Das ist eine kapitalistische, egoistische radikale Minderheit von vielleicht ein bis zwei Prozent der Bevölkerung in den USA. Allerdings vertritt BlackRock auch die Kapitalinteressen ähnlicher Minderheiten in anderen wichtigen Staaten wie Großbritannien, Deutschland, Frankreich, Schweden, Spanien, Mexiko: Sie alle haben ihr freies Kapital bei BlackRock & Co angelegt.
Obama, Trump, Biden: Alle mit BlackRock
US-Präsident Barack Obama hatte BlackRock 2008 für die Abwicklung der Finanzkrise beauftragt: Welche Bank, welche Versicherung, welcher Konzern wird gerettet- oder nicht gerettet.
BlackRock strich dafür das dreistellige Millionenhonorar ein – aber wichtiger war nun die offizielle staatliche Weihe. Dazu gehörte die Einsetzung als Berater der größten Zentralbank der westlichen Welt, der Federal Reserve Bank. Das war der Startschuss für den letzten Aufstieg in die jährliche Zehn-Prozent-Steigerung des eingesammelten und eingesetzten Kapitals auf jetzt acht Billionen US-Dollar.
Und die Ernennung zum Berater der Europäischen Zentralbank EZB und zuletzt 2020 zum Berater der Europäischen Kommission in Brüssel für die neue kapitalistische Erneuerungsformel ESG: Environment, Social, Government, also Umwelt, Soziales, Regieren.
Aber auch unter Trump war BlackRock keineswegs abgemeldet. Seit März 2020 und als Berater der Federal Reserve managet BlackRock das Corona-Hilfsprogramm, ähnlich wie das 750 Milliarden „Corona-Wiederaufbauprogramm“ der EU. BlackRock-Chef Fink war als Finanzminister von Hillary Clinton im Gespräch. Aber als Wahlgewinner Trump die Steuern für Unternehmen kräftig senkte, lobte der wendige Fink: „Trump ist gut für Amerika“.
BlackRock ist aktiver Teil von „America First“, unabhängig davon, welche der beiden monopolistischen US-Parteien regiert.