KUNZTstadt
… besonders die Kunst kann gar nicht genug betont werden.
Sie ist den Münchnern eine Notwendigkeit geworden, wie das Vaterunser mit dem Ave Maria.
Der Herr Bürgermeister sagt in jeder Festrede, wenn er die goldene Kette trägt: München ist eine Kunststadt, das Hauptblatt Münchens druckt täglich zweimal, früh und abends, für jeden ders lesen will: München ist eine
Kunststadt, und schließlich wiederholt der Eingeborene mit der selbstgewissen Freude, die er an jedem Besitze empfindet, seis ein Stück Geld oder ein schönes Mädel: München ist eine Kunststadt.
Warum auch nicht? Es braucht sich ja keiner etwas zu denken dabei. Außerdem ist es wahr. Es leben doch eine Masse Maler in München, überall sieht man Geschäfte, die Pinsel und Farben verkaufen, Modelle gibts, dass man sich gar nicht mehr retten kann und die Hauptsache: die drei Pinakotheken, (die manchmal offen sind), die Glyptothek, die Lenbachgalerie, und das Ding da – na wie heissts denn gleich? – na, das Haus da in der Prinzregentenstraße, wo auch so viele Bilder hängen?
Richtig! Das Haus der Kunst.
Obendrein jedes Jahr eine Ausstellung in der Akademie, es gibt auch noch einen wunderbar selbstgenügsamen Kunstverein, ganz sehr unbekannte Ausstellungsräume in Haidhausen, sogar eine Stuckvilla, wo kaum einer hingeht, und da soll einer behaupten, München sei keine Kunststadt, da soll einer – Was?
(Josef Ruederer, München, 1907 – leicht ergänzt 2019 durch Josefa Steuer)