Festung Europa

Festung Europa

Wir werfen sie ins Meer, diese afrikanischen Flüchtlinge vor Krieg, Gewalt, Folter und Ausbeutung. Nicht nur 300 oder 600, nein Tausende und wenn es sein muss Zehntausende und mehr. Warum wollen die unbedingt mit diesen untauglichen Booten nach Europa – vielleicht sogar nach Deutschland? Was können wir dafür, wenn sie es dann nicht schaffen und vorher untergehen? Wir brauchen sie nicht, wir haben sie nicht gerufen. Wir wollen ja nur ihre Rohstoffe und ihre billige Arbeitskraft und wenn es sein muss auch ein paar Absatzgebiete für unsere schönen Waffen. Aber nur weil und wenn es sein muss.

Wir müssen und da steht nun auch die Große CDPDSU-Kolleration dafür – wir müssen also die Festung Europa weiterentwickeln und festigen. Mit Grenzschutztruppen und mit einem Gürtel sicher Drittländer und einer Rücknahmeverpflichtung, damit diese wunderbar demokratischen Drittländer (wie z.B. die Türkei) solche Flüchtlinge, die es trotz aller Abwehrmaßnahmen geschafft haben, bis in das Herz Europas vorzudringen, aber jetzt zurückgenommen werden müssen, dann wieder über das Mittelmeer zurückschicken, dahin also wo wir sie brauchen – und das ist halt mal leider nicht hier in Mitteleuropa. Unsere wohlständige Freiheit haben wir lange und mühsam genug errungen und jetzt werden wir sie auch verteidigen, gegen unerwünschte Teilhaber und Mitesser.

Dafür haben wir eine starke Fronttruppe: FRONTEX – super Name mit Bedeutung: an der Grenze halten wir sie draußen und machen sie ex, wenn es darauf ankommt. Etwas feiner klingt es so: Europäische Agentur für die operative Zusammenarbeit an den Außengrenzen.

Hundertausende, wenn nicht gar Millionen mögliche Flüchtlinge hat diese Agentur schon davon überzeugt, dass es besser ist, wegzubleiben, dabei sind gerade mal 40.000 sind seit fünf Jahren ertrunken, na und?

Wem sollen wir denn unsere Waffen liefern, wem können wir denn die Rohstoffe abnehmen, wer soll denn dort für uns schuften (und wenn es nur Sklavenarbeit wäre) und wem können wir unsere mühsam gesammelten abgelegten Klamotten verkaufen, zu Preisen, die bewirken, dass sie nicht mehr in ihren Textilfabriken schuften müssen?
Wir bauen vielleicht noch ein paar Begrüßungszentren mit deutschem Stacheldraht an der afrikanischen Küste, von wo sie dann wieder in die Wüste geschickt werden. Das hatte doch schon der ordnungs- und rechtsbegeisterte Otto Schily als asozialdemokratischer Innenminister vorgedacht und vorausgesehen.

In unserem Grundgesetz steht zwar irgendwo irgendwas von Asylrecht, aber das hatte ja wohl den leidigen Grund, dass einige Deutsche aus Deutschland flüchten mussten wegen der blöden Nazis, und leider wurden diese deutschen Flüchtlinge nicht überall gerne und bereitwillig empfangen (vielleicht weil viele von ihnen jüdisch oder gar politisch links waren?). Und da wollten die Verfasser des Grundgesetzes vielleicht ein positives Beispiel dafür geben, dass man Flüchtlinge doch aufnehmen könnte, wenn man wollte. Aber das ist jetzt schon so lange her, dass sich fast keiner unserer Politiker mehr daran erinnern kann. Die anderen Länder haben das auch nicht so gemacht, wie wir das gerne wollten und deshalb sind sie jetzt sichere Drittländer und müssen sich mit den Flüchtlingen befassen und nicht wir in Deutschlandien.

Das ist schon seit 1993 so, da haben unsere Damen und Herren im Bundestag und in der Regierung das Asylrecht weitestgehend abgeschafft. Das ist jetzt halt mal so und das wird auch nicht mehr anders und es kommen ja immer noch einige durch, für die unsere Behörden dann für einige Zeit Unterkünfte finden müssen – irgendwo, wo sie keinen stören, bis man sie irgendwohin zurück- oder weiterschicken kann.

Jetzt sollen da aus Syrien 5000 oder gar 10.000 Kriegsflüchtlinge in Deutschland aufgenommen werden – das ist schon sehr großzügig. Andere Länder nehmen sehr viel mehr auf, Hundertausende, ja Millionen. Aber dort werden die keineswegs so gut versorgt wie hierzulande und das kostet viele deutsche Euros. Da können andere Länder leicht vielmehr Flüchtlinge aufnehmen – wenn es fast nichts kostet, oder doch? Oder haben die vielleicht mehr Platz? Jedenfalls dürften das dann sichere Drittländer mit Rücknahmeverpflichtung sein. Also die nehmen die dann wieder zurück, wenn da ein paar Flüchtlinge sich illegal zu uns durchmogeln sollten, und schicken sie weiter.

Das größte Problem der Zukunft besteht aber wohl darin, dass viele Länder in der Welt und insbesondere in Afrika immer ärmer und unsicherer und unbeherrschbarer werden könnten und dass die Menschen dann in großen Massen aufbrechen um da hinzugehen, wo schon ihre unsere Ur-Vorfahren hinwanderten – also in unser wohlhäbiges Europa.
Wie soll man das dann verhindern? Mit Waffengewalt? Oder sollte man vielleicht die wirtschaftliche Entwicklung fördern und die Ausbeutung der Natur und der Rohstoffe reduzieren? Würde das dann aber unseren demokratischen Wohlstand gefährden? Oder die Profite unserer und der internationalen Konzerne? Hätte es denn überhaupt einen Sinn, wenn wir auf deren und unsere Profite oder zumindest Teile davon verzichten täten, und gewissermaßen teilen würden, statt durch wirtschaftliche und militärische Kriege immer mehr zu kriegen?

Oh, Ohropa!?

von B. Michel Deutsch