Deutschland den Deutschen

Deutschland den Deutschen

Die Parole „Deutschland den Deutschen“ klingt ja auf den ersten Blick sehr einfach, nicht zuletzt aufgrund des eingängigen Gleichklangs D-D-D, der natürlich ganz stark an frühkindliche Lautbildung andockt: „Da-Da-Da“.

Dennoch haben wir, das wird immer vergessen, nicht das einfache Schema „SUBJEKT – PRÄDIKAT – OBJEKT“ vor uns! Es handelt sich hier nämlich vielmehr um einen rhethorischen Imperativ, keinen direkten, wie man ihn etwa von „Wehret den Anfängen“ her kennt. Nein, wir sprechen hier von einem sogenannten „Hybrid-Imperativ“, denn … hier sind die zum Handeln Aufgeforderten selbst gar nicht erwähnt, etwa „GEBT … Deutschland den Deutschen“? Es muss wohl ein Subjekt hinzugedacht werden, obwohl: ein selbstständig handelndes Subjekt dürfte in diesem politischen Spektrum ohnehin nicht vorgesehen sein, so dass bereits die Befehlsform an sich vollkommen genügt.

Nicht zuletzt stoßen wir ja bereits in der Nationalhymne dieses Volkes auf eine Nebenart des Bastard-Imperativs: die Zeile „Blühe, Deutsches Vaterland!“. „BLÜHE!!!“ – ein völlig sinnloser Versuch, biologische Prozesse der Befehlsform zu unterwerfen, aber bitte, das nur am Rande.

Zurück zum Satz “Deutschland den Deutschen“: Wir haben im eigentlichen Sinne folgende Konstruktion vor uns: Objekt * bestimmter Artikel im Akkusativ Plural „den“ (welcher aber auch gleich possessiv gedacht werden darf, „den Personen zu eigen“, bzw. im Befehlskontext sogar als Tätigkeits-Wort-Ersatz fungieren kann als Quasi-Prädikat oder Prädikat-Substitut) und am Schluss wieder ein Objekt „Deutschen“. Das Subjekt – fehlt.
Eine weitere Besonderheit dieses Satzes: Die Satz-Struktur ähnelt in frappanter Weise einer schlichten mathematischen Funktion: Ein Land oder Volk wird einem solchen Volk oder Land zugewiesen, welches sich rein phonetisch am bequemsten assimilieren läßt, also „klingt das Land so ähnlich wie das Volk, gehört‘s denen auch.“ – Eine über Jahrhunderte völlig vernachlässigte und dabei doch so simpel-funktionale Methode zur Bestimmung von Staatsgrenzen!

Ich habe das mal weitergesponnen und es ist ein Gedicht draus geworden:

DEUTSCHLAND DEN DEUTSCHEN

Deutschland den Deutschen!
Rumänien den Rumänen!
Tadschikistan den Tadschiken!
Ausland den Ausländern!
Frankreich den Franken!
Venezuela den Venezianern!
Kuba den Kubisten!
Armenien den Armen!
Hessen den Hessen!
Sachsen den Sachsen!
BAYERN DEN BAYERN!
KRUZI DEN FIXN!
Vegetation den Vegetariern!
Philadelphia den Philatelisten!
Serbien den Serpentinen!
Estland den Ästheten!
Himmel den Himmlern!
Tod den Toten!
Haut den Lukas!
Ende …
DEN ENDIVIEN!!

von Ecco Meineke