Die Stadt (ein Märchen)

Die Geschichte spielt in einem Land, eigentlich in einem Brei-Staat, namens Brei-ern. In diesem Brei-Staat gibt es viele Orte, deren Namen direkt auf ihr Entstehungsmerkmal hinweisen. Z.B: Brei-sing, Brei-tesgaden, Brei-chenhall und vor allem Brei-reuth und viele mehr. Das kommt daher: In diesem Land wurde als einziges Nahrungsmittel Brei gebreit und die Verbrei-tung dieser körperlichen wie auch geistigen Nahrung geschah so rapide, dass das ganze Land von Brei überzogen ward.

Nun gibt es aber in diesem Brei-Staat eine Stadt mit über einer Million Einwohner. Diese Stadt hat leider gar keinen Namen. Früher hieß die Stadt ,,Hauptstadt der Brei-Bewegung“. Das hört man heute nicht mehr so gerne, die Zeit hat man verdrängt, obwohl man ja noch heute täglich mit Brei konfrontiert wird.

Das Leben in dieser Stadt ist wunderbar. Im Winter gehen die meisten der Bewohner zum Schifahren in die nahen Berge und im Sommer ziehen fast alle Bürger an die Badeseen. Es bleiben etwa 1000 Kulturschaffende, die fast alle miteinander verwandt sind, in der Stadt, denn es gibt da ein Kultur-Brei-Referat, welches immer beschäftigt werden muss. Das Wunderbarste in dieser Stadt ist der Ober-Brei-Meister. Ein eloquenter, der Avantgarde zugeneigter Wortkünstler, der zusammen mit seiner Ehefrau, einer Vorreiterin der modernen europäischen Katzenfotografie, die künstlerische Richtung dieser Stadt vorgibt. Dies ist ein Segen für alle kunstausführenden Brei-Meister. Die Leiter der städtischen Galerien brauchen nur ihren Ober-Brei-Meister zur Ausstellungspolitik fragen und der gibt ihnen dann die breiigsten Ratschläge.

Die Stadt hat sogar vier große Tageszeitungen und deren Brei-Träge unterhalten die Million Leser äußerst informativ und spannend. Denn man erfährt genau, wer von den Oberen Brei-AbschOpfern wo und mit wem irgendwo war. Das ist sensationell, das gefällt auch dem Ober-Brei-Meister, das gibt es auf der Welt nur in dieser Stadt.

Das Leben in dieser Stadt wäre wunderbar, gäbe es da nicht einen Wermutstropfen. Es handelt sich um eine Gruppe von Menschen, die breiiger als Brei sind und die diese herrlichen Stadtidylle immer wieder mit Brei-tseiten von rechter und brauner Gesinnung in Form von Demonstrationen stören. Nun gibt es in der Stadt aber auch eine Polizei, die nur geschaffen wurde, dieser Brei-Brut Geleit und Schutz für ihre Demos zu geben. Denn wofür sollte man in dieser Stadt, deren Bürger nie das Gesetz verletzen, rücksichtsvoll untereinander sind und die nur in die Brei-Gärten der Brei-ereien gehen und sich dort freundlich verhalten, eine Polizei brauchen, meint der Ober-Brei-Meister und seine Brei-Genossen.
Aber immer wenn braune Brei-Demos durch die Stadt ziehen, gibt es Menschen, die sich der Brei-Masse in den Weg stellen, sie umleiten wollen oder das Verbot des Braun-Breis fordern. Da schreitet die Polizei ein. Brei-tbeinig stellt sie sich neben den Nazi-Brei und sichert deren ungestörtes Marschieren und Singen und Armheben. Sollte aber ein Brei-Verachter aktiv werden, muss er mit einer Anzeige oder einem Stöckchen aufs Häuptchen rechnen.

Vor kurzem wurde ein Anti-Breiist schnell verurteilt, chancenlos gegen die Polizeiaussagen und Videoaufzeichnungen. Doch in der Berufung wurde er auf Kosten der Staatskasse freigesprochen, da bei genauer Betrachtung auf dem Video nichts zu sehen war. Außerdem war plötzlich kein Polizist in der Berufungsverhandlung. Der Richter der 1. Instanz hatte, nach eigenen Aussagen, versehentlich zu viel Brei gegessen. Die Kinder des freigesprochenen Mannes sagten nach der Verhandlung, dass sie stolz auf ihren Vater seien und er sie nie gezwungen habe, Brei zu essen.

Zu diesem Märchen gibt es keine Moral. Wer sich in der Brei-Stadt Adolfverehrern, Mörderanbetern, Holocaustleugnern, Breiverteilern in den Weg stellt, ist selber schuld. Jetzt wäre es aber noch schöner für das Märchen, wenn diese Stadt einen passenden Namen hätte. Wenn euch einer einfällt, sagt es mir.

von Christian Müde